Abgeltungssteuer auch in der Familie
Abgeltungssteuer wird auch dann fällig wenn Kinder oder Enkel die Zinsen bezahlen. Damit hat der Bundesfinanzhof das sogenannte „Näheverhältnis“ extrem eng ausgelegt. Im Einkommensteuergesetz ist eindeutig festgelegt, dass keine Einkommensteuer auf Kapitalerträge wie Zins- oder Dividendeneinnahmen erhoben werden. Auf Kapitalerträge wird der pauschale Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent fällig. Eine Ausnahme gibt es dennoch, denn diese Regelung gilt nicht bei nahestehenden Personen. Wenn die Empfänger von Zinszahlungen mit den Zahlern verwandt sind, sind die Zinserträge mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz zu versteuern. Was hier nach einer eindeutigen Regelung aussieht führte zwischen der Finanzverwaltung und den Finanzgerichten zu einem Dauerclinch. Im folgenden Streitfall ist zu sehen warum.
Niederlage in erster Distanz
Ein Ehepaar hat mit dem Sohn und den zwei volljährigen Enkeln einen Vertrag über ein festverzinsliches Darlehen von insgesamt 800.000 Euro abgeschlossen. Dafür haben der Sohn und die Enkel Wohnungen gekauft und diese vermietet. Den Eltern haben sie im Jahr 2009 aus den Mieteinnahmen rund 29.000 Euro Zinsen bezahlt. Das Finanzamt setzte entgegen den Erwartungen der Eltern aber nicht die Abgeltungssteuer fest, sondern den Einkommenssteuertarif. Mit ihrer Auffassung konnten sie sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht in erster Distanz nicht durchsetzen. Das Finanzgericht hat sich in der Ablehnung der Klage auf den Hinweis im Gesetz berufen, demzufolge der Abgeltungssteuersatz für einander nahestehende Personen ausgeschlossen ist.
Revision vor BFH erfolgreich
In der Revision vor dem Bundesfinanzhof hatten die Eheleute mehr Glück. Dem Urteil zufolge ist eine großzügiger ausgelegte Formulierung für einander nahestehende Personen erforderlich. Laut dem BFH widerspricht eine so enge Interpretation dem Willen des Gesetzgebers. Ein Näheverhältnis liegt nur dann vor wenn eine Vertragspartei auf die andere einen beherrschenden Einfluss ausübt. Ein Näheverhältnis liegt außerdem vor, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran besteht, dass die andere Vertragspartei Einkünfte erzielt. Aus der Famili8enzugehörigkeit alleine ist kein persönliches Interesse abzuleiten.
Steuerliche Entlastung der ganzen Familie
Die Richter sind der Ansicht, dass das „Näheverhältnis“ aus verfassungsrechtlichen Gründen eng ausgelegt werden muss. Verfassungsrechtlich gibt es keine Bedenken, wenn die Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerlich gegenüber anderen Einkunftsarten bevorzugt werden. Wenn familienrechtliche Beziehungen aber zu einer Diskriminierung der Familie und somit auch zum Ausschluss von der Abgeltungssteuer führt sei das nicht rechtens, vor allem wenn der Darlehensvertrag so gestaltet ist wie mit fremden Personen. Der Einwand, die steuerliche Entlastung des Darlehensnehmers sei wegen dem Abzug der Schuldzinsen höher als sie steuerliche Belastung vom Darlehensgeber greift nicht, auch wenn für die gesamte Familie letztendlich eine Entlastung vorliegt. Bei der Einkünfteermittlung begründen Ehe und Familie keine Vermögensgemeinschaft.
Rote Karte für Gesetzgeber
Mit diesem Urteil hat sich der Gesetzgeber nicht die erste rote Karte vom BFH eingehandelt. Der BFH hat in zwei parallelen Urteilen ähnlich entschieden. Betroffene Steuerzahler sollten gegen entsprechende Steuerbescheide mit dem Verweis auf die Urteile Einspruch erheben und notfalls klagen. Bis die gesetzliche Lage nicht zweifelsfrei geklärt ist stehen die Chancen gut.
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